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Donnerstag, 9. Juni 2016
Harte Fakten
In "Der gute Pferdebesitzer" habe ich einen entscheidenden Punkt unterschlagen, der für jenen Eintrag keine Rolle gespielt hat, aber im Grunde so mächtig ist, dass er einen eigenen Eintrag benötigt.

Ich schrieb dort, Zitat:
"Sie hat das Pferd so übernommen ..."

Hier geht es um ein Pferd mit Losreißthematik.

Witzigerweise kann ich inzwischen, nach einigen Jahren Arbeit, eine Art Problegruppe bennen.
Das gedrillte Sportpferd.
Es ist eine Art eigener Themenkreis, die Probleme und Umstände sind ähnlich.
In der Tat hatte ich inzwischen einige Kunden die "ausgemusterte" Sportpferde übernommen haben, welche nicht fürs Turnier getaugt haben. Die Pferde sind meist noch jung (bis 10) und schon fürs Turnier ausgebildet worden, meistens ab drei Jahren in den Beritt gekommen.

Dies Pferde, so auch der Wallach aus dem Pferdebesitzereintrag, verhielt sich also ganz vorbildlich beim Probereiten und sogar noch einige Wochen oder Monate nach dem Kauf.
Führen, Ausreiten, Halle, Platz, Longe. Alles gut!

Zu erwähnen sein noch, ich rede hier von Pferden, deren Haltungs- und Umgangsform sich nicht maßgeblich geändert hat. Plötzlich ungewohnterweise in Box oder Offenstall leben zu müssen kann ein Pferd auch sehr verändern. Zum Guten und Schlechten. Auch wenn plötzlich mehr oder weniger trainiert wird. Aber wir wollen uns auf Pferde beschränken welche in der Haltungsform keinen groben Veräderungen unterlagen und auch oft genug bewegt wurden.

Diese Pferde also fallen wenig auf, funktionieren gut und sind im Händling wenig problematisch.

Das hält dann ein paar Wochen und zack! kann der neue Liebling sich zur vierbeinigen Wuchtbrumme mausern der plötzlich eine 180 Gradwendung zu durchlaufen scheint.

Und nein, auch dies sei ausgebremst, die Besitzer sind konsequent und kompetent. Die Pferde machen ein Art Metamorphose zum Problempferd durch.

Ich habe mir das ein paarmal beobachtet und war verwundert, wie das sein kann. Weder an der Haltung noch an der Versorgung, dem Umgang oder der Ausrüstung gab es Mängel. Ganz im Gegenteil, häufig waren bereits diverse manuelle Therapeuten am Pferd, man weiß ja nie ...

Alles war geprüft, nichts kam raus.
Also holte man einen Trainer zur Hilfe.

Bei der Arbeit mit diesen Pferden viel mir dann auf, dass sie nahezu alle nicht gelernt hatten mit einem Menschen zu kommunizieren. Sie wurden zum Sportgerät degradiert und kannte nur dass vom Menschen wenig sinnvolles zu erwarten war. Geschweige denn er würde auf eine Aktion des Pferdes für das Tier nachvollziehbar reagiern.

Dauerndes im Kreis geritten zu werden kann abstumpfen ...

Dies Pferde sind von Jungpferdbeinen an gewöhnt mit sehr viel Druck in ihren Rahmen gestellt zu werden. Taugen sie nun nicht oder zeigen nicht die gewünschte Leistung als Sportpferd, kommen sie zu Privatleuten welche ein Freizeitpferd suchen.

Und dann geht die Bombe hoch ...

Plötzlich sind die Pferde im Himmel, im Schlaraffenland ;)
Kein unnötiges ziehen, zerren, schlagen, Sporen, Gerte ...

"Hoppla, wie geschiet mir?" Denks im Pferdeköpfchen. Oder ähnlich :)

"Und wo sind die Grenzen hin? Na wenn ich nicht permanent auf die Nase bekomme, dann lebe ich mich einfach mal aus."

Solche Pferde fallen dann sprichwörtlich aus dem Rahmen und nehmen den netten Menschen neben sich nicht wahr, da sie sehr viel Druck erfahren haben und sich daran gemessen haben.

Solche Pferde werden quasi aus dem Nichts problematisch und die neuen Besitzer sind verständlicherweise schockiert darüber wie ihnen geschieht.

Man kauft dann ein Pferd welches fertig ausgebildet ist um quasi, wenn man den Druck nicht aufbringen will oder kann den das Tier kennt, wieder bei 0 zu beginnen.

Wer mit dem Dampfhammer erzogen wurde, wird in einer Familie mit Gleichberechtigung erstmal auf den Tischen tanzen.
Leider ist das ein Grund, warum Pferde zum Wanderpokal werden.

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Die 80/20 Regel
Eine Art grobe Aufteilung der Pferdecharaktere.

Unter Pferdetrainern mit alternativen Ansichten sagt man, 80% der Pferde sind eher fügsam und 20% lassen sich nicht so einfach "brechen". Die 20%, in den falschen Händen, werden dann häufig zu sogenannten Problempferden.

Von diesen 20% sind wiederum gute 80% meine Kunden ;)

Ich arbeite also bevorzugt mit Pferden, welche nicht ins Schma F passen wollen. Für viele Trainer sind diese Pferde zu anstrengend. Sie haben eher die Ansicht, dass Pferde charakterlich eine Art homogene Masse Bilden und man (s)eine Ausbilungsform an jedes Pferd bringt.

Die Regel besagt natürlich nicht, dass wenn ihr mit 99 anderen Pferden den Stall teil 20 davon bösartig sind. Diese 20 haben das Potential dazu, im Durchschnitt, sich eher kundzutun. Haben diese Pferde aber einen umsichtig kompetenten Besitzer, werden sie natürlich keine hervorstechenden Probleme bekommen.

Manuelle Therapeuten und Tierärzte hört man schon häufiger sagen, dass Pferde mit gleichem Befund ganz unterschiedlich reagieren. Einer läuft mit einem verschobenen Wirbel nur noch schlecht bis gar nicht, andere laufen mit einer koplett verspannten Rückenmuskulatur noch Wanderritte.

Es gibt Pferde die schneller für ihr Recht einstehen als andere.
Vereinen sich dann einige Eigenschaften und sind diese Pferd zusätzlich noch in Händen von Menschen die nicht besonders umsichtig sind, kann es zu heftigen Problemen kommen.

Daher kann man, hat man ein Pferd der 20%, ganz andere Themen haben als ein Mensch der viel unreflektierte am Tier ist aber ein Pferde der 80% Riege hat.

So sehe ich meine Kunden, die sich häufig wirklich Mühe geben, darüber wundern warum andere zerren und schlagen und die Pferde trotzdem noch fuktionieren, wo ihre Pferde ihnen bei der kleinesten Ungerechtigkeit gezielt entgegentreten.
Die erweiterte Fähigkeit erreicht allerdings der Pferdebesitzer welcher ein 20% Pferd hat. Da diese einem nichts schenken ist man angehalten sich mehr mit dem Tier als Persönlichkeit wie mit der Ausbilungsskala zu befassen.
Dadurch wird man kein S-Dressur-Reiter aber man lernt Pferde auf einer anderen Ebene wahrzunehmen.

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Der gute Pferdebesitzer
Wie ihr sicher mitbekommen habt schreibe ich gern reißerisch, pauschal oder aus der Schublade. Dies darf man gerne als Stilmittel betrachten. Mir persönlich ist es wichtig Menschen und Tiere individuell zu erfahren. Aber für den Blog finde ich es unterhaltsam. Daher möchte ich euch heute den guten Pferdebesitzer vorstellen.

Der gute Pferdebesitzer ist ein in Deutschland nicht sehr weit verbreitetes Lebewesen.
Ich hatte das Glück heute ein Exemplar zu beobachten.
Dank meiner Arbeit habe ich öfter Kontakt zum guten Pferdebesitzer. Ich kann euch daher ein Bild von seinem Verhalten vermitteln.

Erstmal, rein optisch unterscheidet sich der gute nicht vom schlechten Pferdebesitzer, der Unterschied liegt in der Einstellung dem Pferd gegenüber. Daher ist er auf den ersten Blick nicht zu erkennen.

Der gute Pferdebesiter hat gelernt sich den Bedürfnissen seines Pferders zu öffnen und ihnen im gesunden Maße nachzugeben. Er ist selten dogmatisch und man hört ihn noch seltener schreien oder sieht ihn an seinem Pferd herumzerren.

Ganz entscheident allerdings ist das Merkmal, dass er sich damit einfindet jeden Tag aufs Neue den Ansprüchen zu begegnen die sein Pferd an ihn stellt.

In diesem Fall hat der gute Pferdebesitzer ein Pferd welches mit der Thematik "Losreißen" zu mir ins Training kam.
In der Halle läuft inzwischen alles top, draußen gibt es noch Probleme.
So begab es sich, dass der gute Pferdebesitzer im Urlaub einer Stallkollegin sein Pferd anvertraut hat. Diese war mit dem Pferd an der Hand Grasen (ausserhalb der Koppel). Als das Grasen zu Ende war, sah das leider nur der Mensch so. Das Pferd hat beschlossen weitrezufressen. Das Pferd, welches nicht mehr gewöhnt war grob angepackt zu werden hat erstmal nicht reagiert. Die Stallkollegin hat gemacht, was viele in so einem Moment tun würden, nämlich ziehen als er begonnen hat rückwärts zu gehen, so sie ihn doch kurz vom Gras weg hatte.
Darauf hin hat sich das losreißfreie Pferd in ein sich losreißendes verwandelt und das Chaos war perfekt!
Man muss dazu sagen, dass dann eine Art Abwärtsspirale losgeht und sobal man dieses Pferd wieder hat und Richtung Box oder Halle läuft, er sich sofort wieder verflüchtigt.
Tja, mit viel Futter hat man es dann auf die Koppel geschafft.
Da wurde dann der gute Pferdebesitzer gerufen, er solle doch bitte kommen um die Situation zu retten.
Das Pferd lief mit dem Pferdebesitzer in seine Box.

Ich habe dann gefragt, als ich die Geschichte vernommen haben, wie denn der gute Pferdebesitzer sonst damit umgegangen ist?
Bei ihm reißt sich das Pferd nicht mehr los (die Spirale beginnt mit einem Rückwärtslaufen), und sobald der Bube beginnt sich nach hinten auszuschleichen würde sie einfach mitlaufen und ggf. sanft treiben. Sie haben ihn aber auch schon rückwärts von der Koppel geholt ;)
Somit geht man in keinen Kampf, macht kein Fass auf und das Pferd kann den Anfang der Losreißspirale nicht "finden" und ist händelbar.

Der gute Pferdebesitzer zeichnet sich aus durch einen kreativen Geist, die Fähigkeit die Situation ohne Gewalt unter seine Kontrolle zu bringen, wie abwägig es auch manchmal sein mag. Die Intuition zu wissen was passiert bevor es passiert. Das Gespür für ein anderes Lebewesen an seiner Seite.

Wer nun sagt:
Aber das Pferd hat doch zu gehorchen, es manipuliert den Menschen ja nur!
Ja, in der Tat ist das ein Argument. Und auch diese Art von Umgang wird nur so lange praktiziert wie man auf dieser Ebene steht. Das Training ziehlt darauf ab, nicht ewig rückwärts von der Koppel zu laufen.
Die Alternative bei so einem Fall wäre das Führen mit der Kette oder einem Gebiss, bevorzugt zu zweit. Damit klappt es zwar, das Problem ist aber lediglich überdeckt und nicht behoben.

Bevor man sich oder andere massiv gefährdet kann auch mal die Kette oder das Gebiss her, aber für mich ist das ein absolut umgehende zu verbessernder Zustand bzw. ein Zeichen dafür, dass man zu lange nicht richtig reagiert hat!
In diesem Fall wurde das Pferd so übernommen, manchmal "büßt" man die Fehler der anderen, schlechten Pferdebesitzer.

Der schlechte Pferdebesitzer gibt hier dem Ego raum, packt alle möglichen Zwangmittel auf sein Pferd und ist dann ganz glücklich, dass er nicht diskutieren muss mit seinem "Gaul".

Auch ein Weg, aber der weniger freundschaftliche wie ich finde.

Allgemein lässt sich noch sagen:
Der gute Pferdebesitzer schiebt seine Verantwortung an keinen Therapeuten ab, weiß aber wann seine Kompetenzen enden. Kennt sein Pferd so gut, einen schlechten Tierarzt auch mal wegzuschicken und sich eine zweite Meinung zu holen.

Auch sehe ich den guten Pferdebesitzer gerne mal in der Mitte der Halle stehen, sein Pferd am Strick, von reitenden Stallkollegen umkreist, beobachtent wie das Reitpferd mit Sporen und/oder Gerte gepeinigt wird. Sich wundernd, seinem Pferd den Kopf täschelnd. Eine weitere Reprise Bodenarbeit fordernd, ein freudiges Pferd an seiner Seite.

An dieser Stelle Danke! an alle guten Pferdebesitzer die mein Leben mit ihrer verrückten Art bereichern! Es ist ein Vergnügen euch zu erleben, wie ihr euch auf die Aufgaben des Tages einstellt, flexibel seid zu Gunsten eurer Pferde!

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